Fortbildung Wirtschaftsmediation

Was ist Wirtschaftsmediation?

Mein Artikel „Konfliktmanagement im Unternehmen – Mediation als Königsweg“ abgedruckt in der November-Ausgabe 2013 der IHK-Zeitschrift „Wirtschaft am bayerischen Untermain“

Was ist Wirtschaftsmediation? Wie können Konflikte im Wirtschaftsleben durch Mediation gelöst werden?

Die folgenden Ausführungen aus der Praxis sollen dazu beitragen, diese beiden Fragen zu beantworten.
Konflikte und Differenzen sind Teil des (Arbeits-) Lebens.
Wirtschaftsmediation ist eine effektive Methode, um Konflikte zu lösen und die Konfliktparteien wieder auf Augenhöhe zu bringen.

Definition Konflikt

Ein Konflikt liegt in der Regel dann vor, wenn es unterschiedliche Wahrnehmungen über dieselbe Sache und zurückgewiesene Ansprüche im Handeln, Denken, Wollen oder Fühlen durch eine andere Person gibt.

Eine umfassendere Definition bezeichnet einen Konflikt als eine „Inkohärenzerfahrung“.
Das bedeutet, dass zwei oder mehrere Wahrnehmungen nicht übereinstimmen und sich nicht in ein gemeinsames Bild der Wirklichkeit integrieren lassen.

Das Kürbis-Beispiel:
Drei Leute streiten sich um einen Kürbis. Der Erste will aus dem Fruchtfleisch eine Suppe kochen, der Zweite aus den Kernen eine Medizin herstellen und der Dritte will aus dem Kürbis eine Halloween-Maske schnitzen. Der Konflikt liegt also einzig und allein in der Wahrnehmung begründet, denn tatsächlich gab es nie ein Problem: Jeder wollte nur jenen Teil vom Kürbis, den die anderen gar nicht brauchen.

Definition Wirtschaftsmediation

Wirtschaftsmediation bewirkt die konstruktive Beilegung eines Konflikts durch die Streitparteien mithilfe eines neutralen Vermittlers (Mediatorin/Mediator) in allen wirtschaftlich oder betrieblich relevanten Angelegenheiten.

Diese Methode oder dieses Verfahren hat die „freiwillige“ und „außergerichtliche“ Konfliktlösung „durch die Betroffenen selbst“ mit Unterstützung eines nicht entscheidungsbefugten, allparteilichen Dritten zur Folge. Die Zielsetzung dabei: Einen Konflikt dauerhaft zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu lösen und zwischen ihnen eine bessere Kooperation zu ermöglichen.

Mediation beruht auf Freiwilligkeit. Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich jeder Beteiligte freiwillig zur Mediation entschließt, freiwillig daran teilnimmt und das Ergebnis freiwillig akzeptiert (Ausnahme im Arbeitsrecht!). Die Medianten handeln im Unterschied zur gerichtlichen Streitbeilegung in voller Eigenverantwortung.

Die Eigenschaft „außergerichtlich“ grenzt die Mediation gegenüber ordentlichen Gerichtsverfahren ab. Dies gilt einerseits für die Verfahrensregeln und andererseits auch für die Konfliktbeilegungselbst. Die Konfliktparteien entscheiden selbst über die Art der Konfliktbeilegung. Sollte das Ziel einer Einigung nicht erreicht werden, ist der Gang zu einem ordentlichen Gericht jederzeit möglich.

Durch die Betroffenen selbst, bedeutet in diesem Kontext, dass weder ein Richter noch ein Schlichter – also ein Dritter – eine Entscheidung trifft. Die Konfliktparteien haben den grundsätzlichen Willen, sich zu einigen beziehungsweise ihre Interessen durchzusetzen. Im Vergleich zu anderen Verfahren wird die Entscheidung nicht an andere delegiert, wie beispielsweise an einen Berater, der den Konfliktparteien einen Rat gibt, oder an einen Richter, der für Sie entscheidet. Mediation ist im Unterschied zur Delegation ein Konsensverfahren, bei dem jeder der Konfliktpartner zu jeder Zeit die volle Kontrolle hat.

Anwälte oder Berater sind bei der Mediation gerne willkommen. Sie können an der Mediation teilnehmen und in jedem Fall die Parteien beratend unterstützen. Bei der Zusammenarbeit mit teilnehmenden Anwälten ist es wichtig, sie darüber zu informieren, dass es nicht darauf ankommt, das maximal Mögliche zu erreichen, wie Anwälte es von Gerichtsverfahren gewohnt sind. Bei der Mediation ist vielmehr eine Win-Win-Lösung das Ziel.

Der Mediator ist nicht nur vollkommen neutral, sondern auch der Fairness verpflichtet, und zwar gegenüber allen Beteiligten. Dies sind seine Maximen, während er die Mediation leitet und überwacht. Neutralität bedeutet in diesem Fall auch, dass der Mediator keinerlei Entscheidungskompetenz hat.

Als strukturiertes Verfahren folgt Mediation bestimmten Prinzipien. Diese Grundsätze tragen dazu bei, dass die Medianten zunächst einmal ein größeres Verständnis bekommen, und zwar von sich selbst, vom Konfliktpartner und vom Konflikt als solchem. Dies ist die Basis, um dann den Schritt von Streit und Konfrontation hin zum Miteinander und zur Kooperation zu machen.

Die Kern-Prinzipien der Wirtschaftsmediation im Überblick

  • Transparenz: Jede Konfliktpartei weiß zu jedem Zeitpunkt, was passiert.
  • Freiwilligkeit: Das Verfahren ist von Freiwilligkeit geprägt – das bedeutet: Jede Konfliktpartei und auch die Mediatorin oder der Mediator können das Verfahren jederzeit abbrechen, wenn jemand der Meinung ist, dass auf einem anderen Weg eine bessere Regelung gefunden werden kann.
  • Vertraulichkeit: Die Privatsphäre bleibt zu jedem Zeitpunkt vollkommen geschützt.
  • Eigenverantwortung: Jede Partei hat die ganze Zeit über die volle Kontrolle über alle Vorgänge und Entscheidungen. Für alle Regelungen sind die Konfliktparteien vollkommen selbst verantwortlich, die Mediatorin/der Mediator hat eine unterstützende Funktion.
  • Kenntnis über alle entscheidungsrelevanten Fakten: Alle Fakten, die für eine Entscheidung von Bedeutung sind, liegen auf dem Tisch.
  • Partizipation: Alle Beteiligten sind anwesend und wirken aktiv mit.
  • Neutralität/Allparteilichkeit: Mediatorin oder Mediator sind allparteilich. Sie sind nicht am Konflikt beteiligt. Ihr Interesse besteht einzig und allein darin, die Beteiligten zu unterstützen und zur Erreichung einer optimalen Regelung beizutragen.
  • Ergebnisoffenheit: Die Ergebnisse, die durch Mediation erzielt werden, sind nicht vorgegeben. Die Konfliktparteien entscheiden selbst, wie offen der Regelungsprozess gestaltet wird, und bestimmen damit den Rahmen der Lösungsfindung.
  • Eine rechtsverbindliche Regelung kann als Resultat der Mediation gewählt werden: Die von den Konfliktparteien gefundene Regelung kann in einer rechtsverbindlichen Vereinbarung münden.

Die Einhaltung dieser Prinzipien ist für die Mediation unabdingbar. Mediation endet dort, wo auch nur auf eines dieser Prinzipien verzichtet wird. Sollte dies geschehen, befindet man sich nicht mehr im Bereich der Mediation, sondern in der Konfliktberatung.

Klassische Einsatzbereiche der Mediation

  • die das Familienrecht betreffen: Trennung, Scheidung, Umgangs- und Sorgerecht, Unterhaltsregelung und so weiter
  • die das Erbrecht betreffen
  • die das Versicherungsrecht betreffen
  • die das Baurecht betreffen
  • die Umweltthemen betreffen
  • die internationales Recht betreffen: internationale Konflikte

Spezielle Gebiete der Wirtschaftsmediation

Konflikte innerhalb eines Unternehmens oder Organisation aus dem Arbeitsrecht

  • zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
  • zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat
  • zwischen Vorstand und Aufsichtsrat
  • zwischen Vorgesetzten und Kollegen
  • zwischen Mitarbeitern untereinander
  • bei betrieblichen Konflikten um Tarife, Mitbestimmung, Umstrukturierungen
  • bei Betriebsübergaben
  • bei Mobbing am Arbeitsplatz

Konflikte zwischen Unternehmen und Organisationen aus dem Gesellschaftsrecht

  • zwischen Lieferanten und Abnehmern
  • bei Reklamationen der Kunden
  • Konflikte zwischen Gesellschaftern und auf Management-Ebene
  • Konflikte in Familienunternehmen, Unternehmensnachfolge (siehe Beispiel)
  • bei Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen
  • im Franchising
  • im gewerblicher Rechtsschutz (zum Beispiel Wettbewerbs-, Marken-, Patentstreitigkeiten)
  • Konflikte zwischen Geschäftspartnern und Konkurrenzfirmen
  • Umwandlung von Firmen (Fusionen, Firmenübergaben)
  • Insolvenzen

Wirtschaftsmediation ist geeignet und sinnvoll

  • wenn die Konfliktparteien ihren Konflikt eigenverantwortlich regeln möchten und es keine rechtlichen Hinderungsgründe gibt
  • wenn die Konfliktparteien freiwillig den Konflikt regeln wollen und können
  • wenn die Eigenverantwortung einer Person nicht eingeschränkt ist
  • wenn andere Konfliktregelungen keine bessere Lösung versprechen

Klassischer Ablauf einer Mediation

Zu Beginn steht das Arbeitsbündnis
Wenn die Frage, ob Mediation im speziellen Fall geeignet ist, positiv beantwortet ist, werden im Rahmen eines Arbeitsbündnisses die Prinzipien der Mediation, das weitere Vorgehen sowie Organisatorisches erläutert und geklärt.
Ergebnis: Einigung über die Durchführung einer Mediation.

Zweiter Schritt – Bestandsaufnahme
Die Medianten stellen dar, was aus ihrer Sicht zur Regelung ansteht.
Ergebnis: Klare Definition des Konflikts und dessen, was geregelt werden soll.

Dritter Schritt – Konfliktbearbeitung
Die Medianten werden über die möglichen Regelungsoptionen informiert und darüber, welche Bedeutung diese für jede Konfliktpartei hat.
Ergebnis: Herausarbeitung der einzelnen Positionen mit dem Ziel, den Raum für verschiedene Möglichkeiten zu erweitern.

Vierter Schritt – Einigung
Mithilfe praktischer Methoden werden kreative Lösungen gesucht, bis die beste Option gefunden ist.
Ergebnis: Die Regelung kommt hinsichtlich des rechtlichen Kontextes und der Dauerhaftigkeit auf den Prüfstand.

Fünfter Schritt – Vereinbarung
Die gemeinsam entwickelte Regelung wird schriftlich festgehalten.
Ergebnis: Ein privater Vertrag der Medianten untereinander oder ein von externen Anwälten verfasster und gegebenenfalls notariell beglaubigter Vertrag.

Kompetenzen unserer Mediatorinnen

Wir verfügen über herausragende Kommunikationskompetenzen und sind als Mediationsprofis selbst gefestigte Persönlichkeiten. Aufgrund langjähriger Erfahrung im Management und Coaching der verschiedensten Unternehmensbranchen bieten wir den Beteiligten eine fachliche Begegnung auf Augenhöhe:

  • fach- und fallbezogenes Wissen
  • juristisches Wissen
  • Wissen darüber, unter welchen Umständen Mediation möglich ist
  • Beherrschung von Verhandlungsmethoden
  • Beherrschung von Deeskalationsstrategien
  • Neutralität
  • Kommunikationskompetenz
  • Fähigkeit zu Paraphrasieren/Loopen
  • Beherrschung des aktiven Zuhörens
  • Verlässlichkeit
  • Bestimmtheit und Geduld

Ihr Vorteil:
Wirtschaftsmediation ist im Vergleich zu einem gerichtlichen Verfahren näher an den Beteiligten und der Konfliktsituation dran:

Der herkömmliche Weg über ein Gericht ist im Allgemeinen zäh und teuer, dauert jahrelang und ist im Ausgang schwer zu beeinflussen. Wirtschaftsmediation dagegen ist zeitnah, kosteneffizient und wirkt dauerhaft.

Bei einem Gerichtsverfahren wird über Ihren Kopf hinweg entschieden. Im Unterschied dazu halten Sie in der Mediation bei einem Konfliktfall jederzeit das Steuer in der Hand. In einer Wirtschaftsmediation wird Ihr Konflikt nicht in die Öffentlichkeit gezerrt, sondern Ihre Privatsphäre bleibt stets geschützt.

Nutzen Sie für sich die faszinierenden Möglichkeiten und Perspektiven der Wirtschaftsmediation als eine weltweit bewährte Alternative zur Konfliktbeilegung.

Die Unternehmen, die ein förderliches Betriebsklima und konstruktiven Umgang mit Differenzen und Konflikten pflegen, verfügen über ausschlaggebende Wettbewerbsvorteile. Die Wirtschaftsmediation unterstützt Führungskräfte bei ihren Aufgaben und sichert so dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorsprung und gewinnbringenden Nutzen in puncto Arbeitseffizienz.

Manuela Schurk-Balles,
zertifizierte Wirtschaftsmediatorin und Juristin, Mediatorin für Einzel-Paar-Familienberatung und im
Gründungsvorstand der Deutschen Gesellschaft für Wirtschaftsmediation (DGWM)
Dozentin für Konfliktmanagement und Mediation bundesweit für die Hochschulen Fresenius, Fachbereich Wirtschaft & Medien

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

  1. Das freut mich, liebe Frau Kopp, dass mein Artikel hilfreich für Sie ist. Ich finde das A und O bei der Arbeit ist, zu wissen was man tut und dass die Arbeitsweise für alle Beteiligte absolut transparent ist. Dann geschehen Lösungen….

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